Freitag, 15. Januar 2010

Die Macht der Bilder

„Prediger und Lehrer wussten schon lange vor der modernen Werbung, wie das Bild uns beeinflusst, ob wir das wollen oder nicht.[…] Aber nicht nur konkrete Bilder, sondern auch Linien und Farben in bestimmten Anordnungen können einen Einfluss auf unsere Gefühlslage ausüben.“ (Gombrich, Bild und Auge,1984:137).

Die Kunstbewegung Bauhaus gründet sich nicht zuletzt auf der Theorie, dass gewisse Farben und Grundformen in jedem Menschen dieselben Gefühle und Konnotationen auslösen, egal, welcher Generation, Kultur, Schicht… er angehört.

Doch argumentieren einige Wissenschaftler, so sogar der Medienprophet Marshall McLuhan, dergestalt, dass die Funktion des Bildes in der Explizitmachung von kultureller Umwelt und menschlicher Erfahrung einige Nachteile gegenüber der Schrift hat (Understanding media Kap.6), aber es lässt sich darüber diskutieren, ob dieses Argument für uns als Lehrpersonen und unseren multimedialen Einsatz im Unterricht Gültigkeit hat.

Natürlich setzt das allgemeine Verständnis von Bildern einheitliche Konnotationen voraus, die trotz Globalisierung nicht vorhanden sind. Menschen sind kulturell, religiös und persönlich vorgeprägt, und ich denke auch, dass der diaphasische Aspekt nicht außer Acht gelassen werden sollte. Aber wenn wir in der Schule Bilder oder Videos einsetzen, dann kommt wohl eher die positive Argumentation zum tragen, dass Bilder viele Informationen zugleich vermitteln.

„[Wert bildlicher Visualisierung] besteht darin, ganz spezifische Informationen zu übermitteln, die in einem anderen Zeichensystem verloren gehen oder erst gar nicht explizit werden.“ (Hartmann, 2008:19)

Unsere Schüler haben den selben kulturellen Hintergrund, und wenn nicht, dann besuchen sie die Schule, um dort auch gewisse Kulturgüter zu erwerben. Sie stammen nicht nur aus der selben Generation, sondern entspringen dem selben Jahrgang, und, wenn man ehrlich ist, so kommen die Schüler der Sekundarstufe 2 zumeist auch aus den selben sozialen Schichten. Viel Raum, um wesentliche Bildbotschaften nicht zu verstehen, ist also hier nicht gegeben.




Anders wäre dies natürlich im internationalen Kontext; in Sprachschulen für Ausländer könnten hier für Sprachlehrer Schwierigkeiten aufkommen. (Beispielsweise den Gebrauch des Passato remoto/Passé simple übt man gern anhand von Nacherzählungen bekannter Märchen, welche in romanischen Sprachen typischerweise in dieser Zeit geschrieben sind. Andere Kulturen haben andere Volksmärchen oder unterschiedliche Illustrationen, was zu Verständnisproblemen führen


Aber meiner Meinung nach sind die Probleme, oder wie sie teilweise dramatisch genannt werden, die Gefahren einer posttypographischen Epoche, überbewertet. Die Schrift wird nie verschwinden. Und gerade im Bildungskontext sehe ich durch den Einsatz von Bildern große Chancen, gerade auch dort, wo diese eben Raum für Interpretationen lassen. Zu Recht wurde erkannt, dass Bilder Bildungschancen eröffnen – der gemeinsame Wortstamm spricht eigentlich bereits für sich. So sieht dies auch Otto Neurath:

„Auch die, welche viele Bücher lesen, schöpfen immer mehr Anregung aus Bildern und Bilderreihen. Der ermüdete Mensch nimmt rasch etwas zur Kenntnis, was er lesend nicht mehr auffassen könnte. Darüber hinaus ist die bildhafte Pädagogik ein Mittel, weniger vorgebildeten Erwachsenen, die optisch empfänglicher zu sein pflegen, und auch der weniger begünstigten Jugend Bildungschancen zu eröffnen, die für sie sonst nicht in Frage kommen.[…] Worte trennen, Bilder verbinden." (Neurath, gesammelte bildpädagogische Schriften 1991:189ff.)

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