Samstag, 16. Januar 2010

Akustische Medien und Sinneserziehung

„Mithilfe eines Computers werden zuvor getrennte Medien (z.B. Ton, Texte und Bilder, Video) integriert durch ein einziges Gerät dargeboten. Damit werden durch Multimedia-PCs gleichzeitig unterschiedliche Sinne des Menschen angesprochen – gegenwärtig sind dies die Fernsinne Auge und Ohr, im Zuge der weiteren Entwicklung werden aber auch Tastsinn, Gleichgewichtssinn, Temperatursinn und/oder Geruchssinn hinzukommen“ (Bruns/Meyer-Wegener 2005:343).

Über den visuellen Sinn und die Wirkungen der Bilder hatte ich bereits in meinem letzten Post geschrieben. Und tatsächlich ist das Auge immer noch das Organ, welches am meisten angesprochen wird von den Medien, wohl bereits alleine, um dem Auge Hand Feld des Menschen entgegen zu kommen.


Auch nach Segeberg/Schätzlein Hg. 2005 spielt Sound und Sounddesign noch in der gegenwärtigen Medienwissenschaft eine nur marginale Rolle. „Dabei affiziert die akustische Information ebenso direkt die menschliche Wahrnehmung wie die visuelle; ja vielleicht direkter als diese, da Menschen sogar während des Schlafes noch hören.“ (Hartmann, Multimedia, 2008:29)


Diese Tatsache machten sich einige Psychologen und Pädagogen zunutze, wenn teilweise auch nur, um daraus Profit zu schlagen. Hörspiele wie: werden Sie Nichtraucher im Schlaf, Hypnotrance, verlieren sie ihre Ängste im Schlaf und so weiter kann man vierlerorts kaufen, uneingeschränkt im Netz bestellen. Sehr sinnvoll hingegen finde ich aber Hörbücher. Ich habe ältere Menschen gesehen, die sich darüber sehr freuen, weil ihre Augen nachgelassen haben und sie nicht mehr lesen können. Schüler können zusätzlich zur Lektüre im Literaturunterricht auch das Hörbuch hören. Sehr interessant im Kontext akustische Medien im pädagogischen Rahmen finde ich als Sprachlehrerin die Birkenbiehl Methode. Nicht nur Vokabeln sondern gleich ganze syntaktische Strukturen und zusätzlich noch die phonetischen Kompetenzen sollen u.a. durch Anhören der CDs erworben werden. Hier geht es um passives Hören, zum Einschlafen, während des Fernsehens oder Lesens, es soll keine zusätzliche Zeit auf das Lernen verwendet werden. Nähere Informationen hierzu unter folgendem Link:


http://www.birkenbihl.de/PDF/AuszugNeuesStrohImKopf.pdf


Als weiteres Plädoyer für die akustischen Medien führt Hartmann auf, dass der Erfolg des Radios gerade darauf beruht, dass es ein Medium ist, welches unabhängig vom Sehsinn seine Wirkung tut. Es ist schriftlos und erreicht somit auch Analphabeten, Kinder, die noch nicht lesen können… es erzeugt keine Bilder, wer blind ist, hat ebenso Zugang zu den Nachrichten. Generell besteht die Möglichkeit der Rezeption, während man andere Tätigkeiten ausübt, man muss nicht hinsehen, wird also nicht auf einen festen Punkt fixiert.


Sowohl die trägen Schlafenden als auch die aktiven Handelnden profitieren also von den akustischen Medien.


Bereits 1964 spricht Marshall McLuhan von einer neuen Sinneserziehung. Der Mensch muss lernen mit den Bildern und Tönen umzugehen, alle Sinne zu schärfen, Botschaften zu erkennen. Nicht zuletzt sei ja das Medium die Botschaft, unter anderem erkennbar in dem Momenten, in denen es nicht funktioniert – aber das ist ein anderes Thema. Kommen in Zukunft noch Geruchssinn, Tastsinn, Temperatursinn und Gleichgewichtssinn hinzu, scheint mir das dem Menschen viel abzuverlangen. Nicht in jedem Kontext wird dies auch erwünscht sein, zu mancher Botschaft sollte doch eine natürliche Distanz gewahrt werden. Aber je mehr Sinne angesprochen werden, desto selbstverständlicher scheinen mir Nachrichten dekodierbar zu sein.


„Wir sind jetzt gezwungen, neue Techniken der Wahrnehmung und der Beurteilung zu entwickeln, neue Wege, um die Sprachen unserer Umwelt mit ihrer Vielfalt an Kulturen und Wissenszweigen lesbar zu machen. Und diese Notwendigkeiten sind nicht nur aus Verzweiflung verabreichte Arzneien, sondern Wege zu einer bisher kaum vorstellbaren Bereicherung“. (McLuhan, Absolute, 2002:105)

1 Kommentar:

  1. Hallo Caro,

    dein Blogeintrag ist wieder einmal überaus spannend. Tatsächlich scheint es so als ob die Bedeutung und das Potential des Sounds unterschätzt wird und die Möglichkeiten noch lange nicht ausgereizt sind. Immerhin scheint die Bedeutung des Sounds langsam erkannt zu werden. Im Endeffekt ist es auch so eine Art Wiederenddeckung. Früher war der Ton denke ich viel wichtiger. Die Menschen konnten lange nicht alle lesen und schreiben, zudem waren Printmedien unsagbar teuer. So wurden viele Geschichten einfach weitererzählt, Verträge mündlich geschlossen und Informationen aus den wenigen Büchern und Zeitungen vorgelesen. Heute im visuellen Zeitalter kann der Ton denke ich vor allem wertvolle Dienste leisten das Visuelle zu unterstützen. In einigen Bereichen, wie Analphabeten, Sehbehinderte oder aber ältere Menschen kann der Ton wie von Dir ausgeführt das Visuelle sogar ganz ersetzen.
    Für mich stellt sich einfach die Frage wie ich den Ton im Unterricht einsetzen kann, dass daraus ein Mehrwert entsteht? Natürlich ist das Hör-Verstehen eine wichtige Schlüsselkompetenz, die auch im Unterricht gefördert werden kann. Gerade im meinem Kontext des Wirtschaftsunterrichts hab ich noch keine zündende Idee gefunden dies sinnvoll einzubauen, ausser vielleicht einmal eine Radionachrichten einzuspielen. Aber auch hier würden Fernsehnachrichten eigentlich besser passen, wegend er visuellen Komponente. So wie ich das seh entfaltet der Ton neben dem Musikunterricht vor allem in den Fremdsprachenfächern seine Wirkung.

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